1) Unterscheiden, trennen.

1727
Discriminiren
, unterscheiden
Sperander [= Friedrich Gladov]: A la Mode-Sprach der Teutschen, Nürnberg 1727, S. 205.

1883
Diskriminieren
[…] unterscheiden, sondern, trennen
Brockhaus, 13. Aufl., Bd. 5 (1883), S. 392.

 

2) Wirtschaftliche Benachteiligung von Konkurrenten.

1934
Was die übrigen deutschen Verpflichtungen gegenüber den Vereinigten Staaten angehe, so beabsichtige […] die deutsche Regierung nicht, die amerikanischen Gläubiger zu diskriminieren;
Lokal-Anzeiger vom 15.
Juni 1934.

 

3) Soziale Benachteiligung, Herabwürdigung.

1819
Prejudices and antipathies, it will be conceded, do exist against the blacks in the great mass of the white population, whether well founded or not. […] The discrimination is a matter of feeling, which will at least, for a long time, operate to keep the negroes out of the pale of white society, and separate them into a degraded and offensive cast
Prince Saunders: A Memoir presented to the American Convention for promoting the abolition of slavery, and improving the condition of the African Race, in: The Analectic Magazine 1819, S. 276-294, hier S. 291.

1864
Of all petty schemes of false economy such discrimination against the colored soldier is the worst.
Robert Dale Owen: The Wrong of Slavery, the Right of Emancipation and the Future of the African Race in the United States, Philadelphia 1864, S. 225.

1899
Let the very best educational opportunities be provided for both races; and add to this an election law that shall be incapable of unjust discrimination.
Booker T. Washington: The Future of the American Negro, Boston 1899, S. 148.

1945
It forbids discrimination in every incident of the employment relationship. Thus it would make unlawful a discriminatory refusal to hire, refer, upgrade, promote, or classify properly. It is designed to forbid wage differentials based upon race, discriminatory transfers, or assignments, discriminatory discharges, and discrimination in the application of seniority rules. It likewise seeks to ban the various devices by which discrimination is effected. . The bill also forbids an employer to confine his hiring to any source that discriminates.
Anonymus: The Fair Employment Practice Act [To accompany H.R. 2232], in: House Reports, 79th Congress, 1st Session, House of Representatives, Report No. 187, Washington, D.C. 1945, S. 3.

1949
The word “discrimination” is used here in its pejorative sense, i.e. it is used to refer not to all differentiations, but only to distinctions which have been established to the detriment of individuals belonging to a particular group. The Sub-Commission on Prevention of Discrimination and Protection of Minorities has recognized this meaning of the word. The following concepts may be useful in the attempt to formulate an accurate definition of those practices which should be included in the term “discrimination”, and in determining what discriminatory acts should be prevented:
(a) Discriminatory practices are those detrimental distinctions which do not take account of the particular characteristics of an individual as such, but take into account only collective qualifications deriving from his membership in a certain social or other group;
(b) Certain distinctions, which do not constitute discrimination, are justified. These include: (1) differences of conduct imputable or attributable to an individual, that is to say, controlled by him (i.e. industriousness, idleness; carefulness, carelessness; decency, indecency; merit, demerit; lawfulness, delinquency); and (2) differences in individual qualities not imputable to the person, but having a social value (physical or mental capacity).
Thus, discrimination might be defined as a detrimental distinction based on grounds which may not be attributed to the individual and which have no justified consequences in social, political or legal relations (colour, race, sex, etc), or on grounds of membership in social categories (cultural, language, religious, political or other opinion, national circle, social origin, social class, property, birth or other status).
Acts of discrimination assume three forms:
(a). Inequality in treatment which takes the form of imposing disabilities;
(b) Inequality in treatment which takes the form of granting privileges; and
(c) Inequality in treatment which takes the form of imposing odious obligations.
United Nations: The Main Types and Causes of Discrimination. Commission on Human Rights. Memorandum submitted by the Secretary-General, Lake Success, N.Y. 1949, S. 26.

1963
Diskriminierung heißt ursprünglich ähnlich wie Differenzierung nichts weiter als „Unterscheidung“. Jedoch hat dieses Wort im Laufe der Zeit eine Begriffsverengung erfahren. Heute versteht man darunter in den Sozialwissenschaften ganz überwiegend nur noch eine den einzelnen benachteiligende willkürliche Ungleichbehandlung, die mit der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder zu sonstigen sozialen Kategorien begründet wird.
Manfred Rehbinder: Die Diskriminierung: Ihre Ursachen und ihre Bekämpfung, in: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie 15 (1963), S. 6-25, hier S. 6.

1966
Es ist beachtenswert, daß die Rolle des negativen Vorurteils und der ebenso definierten Diskriminierung zu vielen Untersuchungen und manchen Theorien geführt hat, die Tatsache einer positiven Diskriminierung dagegen weit weniger Aufmerksamkeit fand. […]
Bei größerer Nähe von Kulturen können den Mitgliedern der Fremdkultur Rollen zugeteilt werden, die im eigenen Kulturgefüge als wertvoll anerkannt werden. Zigeuner als Musiker oder Batwa als Hoftänzer der Watussi-Herrscher zählen sicher hierher. Aufs Ganze gesehen, scheint positive Diskriminierung allerdings weniger häufig als negative. […]
Die Stereotypisierung nimmt den Fremden in die Rollenstruktur der Gruppe hinein und ermöglicht so eine etwaige Interaktion. Diese Interaktion kann durch negative Diskriminierung charakterisiert sein, aber auch durch positive. Diskriminierung ist mit der Apperzeption des Fremdheitsbegriffes stets gekoppelt
Helmut Loiskandl: Edle Wilde, Heiden und Barbaren. Fremdheit als Bewertungskriterium zwischen Kulturen, Mödling 1966, S. 33; vgl. S. 36; 75.

1967
Ein […] Hauptmotiv erwuchs sicher aus der Gleichsetzung aller Studenten mit der Kommune, aus der Diskriminierung aller Studenten als „Wirrköpfe“, „Radaubrüder“, „Steine- und Eierschmeißer“ durch Senat, Presse und Teile der Bevölkerung.
Berliner Manuskripte (1967), 21. Juli 1967. [http://www.glasnost.de/hist/apo/spresse1.html]

1969
Diskriminierung
wird eine Ungleichbehandlung (Differenzierung) nur in den Fällen genannt, in denen die normativ gebotene oder von einer Bevölkerungsgruppe postulierte Anwendung des sog. Gleichheitssatzes generell oder im Einzelfall unterbleibt. Der Gleichheitssatz bedeutet formell die rechtlich Gleichbehandlung nach dem Prinzip „jedem das Seine“ unter der Voraussetzung‚ daß Gleiches gleich, Ungleiches ungleich zu behandeln sei; materiell die Rechtsgleichheit nach dem Prinzip „jedem das Gleiche“ unter der Voraussetzung, daß kein Individuum auf Grund seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder zu einer sonstigen sozialen Kategorie, die weder von persönlichen Fähigkeiten oder Verdiensten, noch von einem bestimmten zurechenbaren Verhalten abhängt, gegenüber anderen Individuen bevorzugt oder benachteiligt werden darf. Ist die Gleichbehandlung faktisch die unentbehrliche Grundlage jeder rechtlich organisierten Gemeinschaft, mag sie auch noch so differenziert sein, so ist das Postulat der Gleichberechtigung selbst in einer vollkommunistischen Gesellschaftsordnung („jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen“) nicht zu verwirklichen. […] Zwischen Vorurteil und Diskriminierung besteht in der Regel eine Interdependenz dergestalt, daß entweder das Vorurteil zu Diskriminierung oder die Diskriminierung zu Vorurteilen führt. In der Mehrzahl der Fälle verstärken sie sich gegenseitig.
Ernst E. Hirsch: Diskriminierung, in: Wilhelm Bernsdorf (Hg.): Wörterbuch der Soziologie, 2. Aufl., Stuttgart 1969, S. 190-191.

2020
[Es zeigt sich], dass die Bedeutungsebene von Diskriminierung als »jemanden herabsetzen oder zu benachteiligen« nur eine Seite der Medaille ist. Denn zugleich werden jene, welche herabsetzend und benachteiligend handeln, privilegiert. Genau genommen ist es sogar diese Privilegierung, um die es im Kern von Diskriminierung ursächlich geht. Ohne den Wunsch nach einer sozialen Ordnung, die einige Menschen mit einem privilegierten Zugriff auf Rechte und andere Ressourcen ausstattet, gäbe es keine Diskriminierung.
Susan Arndt: Sexismus. Geschichte einer Unterdrückung, München 2020, S. 44.

2020
Diskriminierung
zählt […] zu den in hohem Maß wertenden gegenwartskonstituierenden Bezeichnungen, die die Diskursgemeinschaft mehr oder weniger explizit aus den für Missstände gehaltenen System-bedingten, aus ihrer Sicht nicht mit den Prinzipien einer Demokratie vereinbaren Erscheinungen einer spätkapitalistischen Gesellschaft ableitet und die insofern Legitimationsfunktion haben, als die Diskursbeteiligten aus den damit bezeichneten Zuständen die Berechtigung ihres Protest und Widerstand ausdrückenden politischen Handelns ableiten. Diskriminierung wird allgemein im Sinn von ‚gesellschaftliche und/oder politische Ausgrenzung oder Herabwürdigung von Minderheiten, (vorurteilsbedingte) Benachteiligung bestimmter Personen oder Personengruppen‛ verwendet.
OWID – Online-Wortschatz-Informationssystem Deutsch (2008ff.), hg. vom Leibniz-Institut für Deutsche Sprache, Mannheim, www.owid.de.

 

4) Verfahren zur Förderung von Menschen benachteiligter Gruppen, positive Diskriminierung.

1880
In Chicago, curiously enough, there is a positive discrimination in favor of women; for though a man cannot enter the schools without passing what is called a “principals’ examination,” there are women occupying principals’ positions who never passed any examination more difficult than that for teachers of the lowest primary grades.
Anonymus: The “Looker-on”, in: New England Journal of Education 12 (1880), S. 283.

1963
the New York districting statute, assuming it is in fact based on criteria of race and nationality, may be viewed as “benign or positive discrimination” designed to enable Negroes and Puerto Ricans living in New York to compete on “equal” terms with whites in the political arena.
Wright v. Rockefeller and legislative gerry-manders: the desegregation decisions plus a problem of proof, in: The Yale Law Journal 72 (1963), S. 1041-1061, hier S. 1050.

1970
Positive Diskriminierung
Im Rußland nach der Revolution wurde die Lösung des Frauenproblems beschleunigt durch eine befristete positive Diskriminierung. Die positive Diskriminierung ist ein Mittel, das Handikap einer Gruppe oder deren traditionelle negative Diskriminierung durch besondere Förderung in möglichst kurzer Zeit auszugleichen. Es wurde beispielsweise festgesetzt, daß an allen Schulen und Universitäten ein bestimmter, sich kontinuierlich steigernder Prozentsatz an Eingeschriebenen weiblich sein müsse. Das war ‒ in unseren Augen ‒ freilich eine Zwangsmaßnahme. Nach unseren »freiheitlichen« Prinzipien hätte es lauten müssen: Schulen und Universitäten ist es untersagt, einen Bewerber aufgrund seiner Geschlechtszugehörigkeit abzulehnen. Die männlichen Institutsleiter hätten dann eine Frau nicht als Frau, sondern wegen ihrer »mangelnden Qualifikation« abgeschoben und an jedem Jahresende mit Bedauern festgestellt, daß sich leider immer noch nicht genug Mädchen fänden, die nach höherer Ausbildung strebten. Unter dem Vorwand, jede Zwangsmaßnahme widerspräche den Grundsätzen der Demokratie, werden dem Begünstigten die Mittel in die Hand gegeben, den status quo der undemokratischen Machtverteilung und der Chancenungleichheit zu zementieren. Jener sowjetische Zwang dagegen brachte die Demokratisierung der Gesellschaftsstruktur ein erhebliches Stück weiter.
Elisabeth Dessai: Sklavin, Mannweib, Weib. Streitschrift für eine weibliche(re) Gesellschaft, München 1970, S. 91.

1993
Darf Rasse verfassungsrechtlich die Basis für staatliches Handeln sein; gilt für „affirmative action“ – kompensatorische Maßnahmen – das Prinzip der „Farbenblindheit“ nicht? Bedeutet „positive Diskriminierung“ für Schwarze nicht gleichzeitig „negative Diskriminierung“ für Weiße?
Kurt L. Shell: Der Supreme Court als dritte Gewalt, in: Hartmut Wasser (Hg.): USA. Wirtschaft. Gesellschaft. Politik, 2. Aufl. Wiesbaden 1993. S. 143-161, hier S. 160.

 

Literatur

United Nations: The Main Types and Causes of Discrimination. Commission on Human Rights. Memorandum submitted by the Secretary-General, Lake Success, N.Y. 1949.

Manfred Rehbinder: Die Diskriminierung: Ihre Ursachen und ihre Bekämpfung, in: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie 15 (1963), S. 6-25.

Ernst E. Hirsch: Diskriminierung, in: Wilhelm Bernsdorf (Hg.): Wörterbuch der Soziologie, 2. Aufl., Stuttgart 1969, S. 190-191.

Georg Nolte: Gleichheit und Nichtdiskriminierung: Zwei Seiten einer Medaille?, in: Rüdiger Wolfrum (Hg.): Gleichheit und Nichtdiskriminierung im nationalen und internationalen Menschenrechtsschutz, Berlin 2003, S. 235-252.

Wolfgang Däubler: Was bedeutet Diskriminierung nach neuem Recht?, in: Zeitschrift für Arbeitsrecht 37 (2006), S. 479-491.

Todd D. Nelson (Hg.), Handbook of Prejudice, Stereotyping, and Discrimination, New York 2009, 2. Aufl. 2016.

Ulrike Hormel und Albert Scherr (Hg.): Diskriminierung. Grundlagen und Forschungsergebnisse, Wiesbaden 2010.

Michael Grünberger: Vielfalt durch Quote – Umgekehrte Diskriminierung zu Lasten des Leistungsprinzips?, NZA-Beilage 2012, 139-146.

Klaus Adomeit: Gleichbehandlung als Problem. Offene Fragen zum Schutz vor Diskriminierung, Stuttgart 2014.

Albert Scherr: Diskriminierung. Wie Unterschiede und Benachteiligungen gesellschaftlich hergestellt werden, Wiesbaden 2012, 2. Aufl. 2016.

Ulrike Hormel und Albert Scherr: Ungleichheiten und Diskriminierung, in: Albert Scherr (Hg.): Soziologische Basics. Eine Einführung für pädagogische und soziale Berufe, Wiesbaden 2016, S. 299-308.

Albert Scherr, Aladin El-Mafaalani und Gökçen Yüksel (Hg.): Handbuch Diskriminierung, Wiesbaden 2017.