Politische und rechtliche Maßnahmen, die auf die Durchsetzung der Gleichheit von Menschen in sozialer Hinsicht zielen.

[1700
Die meisten thun selbst lauter Lufft Streiche […]. Dahero auch alle ihre Worte ungewiß / verwirret / und nicht nach dem rechten einigen Ziel gerichtet / vielmehr aber ihre Wercke mit falschen Absichten / Gleichstellung der Welt und von anderm Unreinigkeiten vermischet befunden werden.
Gottfried Arnold: Auserlesene Send-Schreiben, Frankfurt am Main 1700, Erinnerung an die Leser [S. 5].]

1736
Erbs-Gleichstellung unter Kindern
Wolfgang Adam Schoepf [Praeses]: Disputatio Inauguralis De Remissione Collationis Germ. Vom Elterlichen Nachlaß der Erbs-Gleichstellung unter Kindern, Tübingen 1736.

1777
Der lezte in diese Classe gehörige Beschwehrungs-Punct ist die dahier in Carlsruhe denen Catholischen nicht gestattete öffentliche Religions-Uebung, wozu die Verbindlichkeit daraus gefolgert werden will, weil man denen Baden Badischen Bedienten eine völlige Gleichstellung mit denen Durchlachischen im Erbvertrag versprochen habe, diese aber hier die öffentliche Religion-Uebung geniessen. Aber wenn auch eine solche Gleichstellung versprochen wäre, so kann sie ja unmöglich auf alle und jede Verhältnisse, worinnen ein Fürstl. Diener ex quocunque capite, z.E. als Einwohner, Burger, Hausvatter etc. sich befindet verstanden werden, weilen man sonst das Absurdum annehmen müßte, daß Serenissimus allen Bediente von gleichem Rang und Character vermög der versprochenen Gleichheit, auch gleiches Vermögen, gleiche Bequemlichkeit der Wohnung, kurz eine Gleichstellung aller häuslichen und bürgerlichen Verhältnisse verschaffen müßte, und daß weil die Diener gegen gleiche Rechte und Vortheile auch gleiche Verbindlichkeiten übernehmen müssen, auch die Baden Badische so gut als die Durlachische Bediente Serenissimum allein als obersten Bischoffen und Richter in sacris & ecclesiasticis annehmen müßten. Es kann also eine versprochene Gleichstellung auf nichts anders als auf diejenige Rechte und Verbindlichkeiten, die von der qualitate eines Fürstlichen Dieners abhangen, dahero mit solcher erlangt und verlohren werden, auszulegen seyn.
Markgraf zu Baden: [Bericht] (Sept. 1777), in: Johann Jacob Moser: Zusäze zu seinem neuen Teutschen Staatsrecht. Bd. 2, Frankfurt am Main 1782, S. 1032-1033, hier S. 1032.

1791
Die Uebertreibungen in Ansehung der Gleichstellung aller Stände mit ihren Folgen weiß er meisterlich zu persifliren und ad absurdum zu bringen
Erlangische gelehrte Zeitung 1 (1791), S. 246.

1800
Streit über die Gleichstellung beider Geschlechter
Anonymus: Englische Literatur, in: Allgemeine Literatur-Zeitung 106 (1800), Sp. 905-911, hier Sp. 910.

1801
Bei Trennungen müssen die Güter, zur zweckmäßigen Benutzung, getheilt werden. Gleichstellung ist hiebei zu allen Zeiten eine Forderung der Gerechtigkeit,
[Johann Friedrich Ribstein]: Ueber protestantische Kirchengüter überhaupt und die Ansprüche der evangelisch-lutherischen Kirche in der Unterpfalz auf die im Lande vorhandenen insbesondere, [Inhaltsverzeichnis].

1848
der Grundsatz […] von der bürgerlich-politischen Gleichstellung aller Bekenntnisse
Carl Ullmann: Die bürgerliche und politische Gleichberechtigung aller Confessionen, Stuttgart 1848, S. 8.

1852
[Die] Masse, auf welche nunmehr der Name Volk überging, umfaßt alle Die, welche kein Capital, kein zünftiges Gewerbe, kein Grundeigenthum, überhaupt nichts besaßen als die Kräfte und Anlagen ihrer Persönlichkeit und deren Verwerthung durch die Arbeit. Diese Classe bildet heutzutage den der Zahl nach bei weitem bedeutendsten Theil der Bevölkerung in fast allen civilisirten Staaten Europas. Sie nimmt die Bezeichnung Volk, die man ihr im Sinne der Zurücksetzung gegeben, im ganz entgegengesetzten Sinne an, indem sie darauf den Anspruch einer Herrschaft im Staate für sich als das eigentliche Volk, als die der Zahl nach stärkste Classe, gründet, die sogenannten besitzenden Classen aber ungefähr ebenso als unbegreiflicherweise bevorzugt ansieht, wie diese es vordem mit dem Adel gethan, daher eine vollständige Gleichstellung mit denselben, vor allem die gleiche Berechtigung zur Ausübung der höchsten politischen Rechte verlangt. Von diesem Gesichtspunkte aus ist es, daß man das allgemeine Stimmrecht und die Herrschaft der Kopfzahl, mit Beseitigung jeder ausschließenden Bedingung, wie Vermögen, Grundbesitz, Census u.s.w., als ein nothwendiges Postulat und eine selbstverständliche Consequenz des demokratischen Princips proclamirt hat.
Allgemeine deutsche Real-Encyclopädie für gebildete Stände, 10. Aufl., Bd. 4, Leipzig 1852, S. 685-690, hier S. 685; 686; 687; 688.

1898
Immer schärfer weht von Westen der Wind des Feminismus und dürfte bald auch für Deutschland zum gelinden Sturm anwachsen. ‒ Unter diesem, im Ausland, so in Paris, allbekannten, in Deutschland noch nicht eingebürgerten Namen wird die Gesamtheit der emanzipatorischen Bestrebungen verstanden, welche auf das Dogma von der Gleichheit der Geschlechter hin ihre völlige Gleichstellung verlangen, welche also für die Frau Gleichberechtigung, gleiche sociale und kirchliche Stellung, gleiche politische und bürgerliche Rechte wie für den Mann beanspruchen; ein Mitreden und Mitwirken überall; im Reichstag wie in der Kammer, im gesetzgebenden und steuerbewilligenden Körper, in der inneren und äußeren Politik, in der Admiralität und im Generalstab, in Synoden und Konsistorien und Schulausschüssen, auf Katheder und Kanzel
Friedrich Bettex: Natur und Gesetz (1897), 3. Aufl. Bielefeld 1898, S. 328.

1980
Es hat […] wenig Sinn, in der Hoffnung auf den irgendwann möglichen großen Wurf [eines »Antidiskriminierungsgesetzes«], die Arbeit an der Basis zu vernachlässigen und darauf zu verzichten, in jedem Land, in jeder Stadt und in jedem Betrieb Gleichstellungsstellen oder Gleichstellungsbeauftragte einzurichten bzw. zu bestellen. Schon heute kann ohne ein neues Gesetz von staatlicher und kommunaler Seite, von Betrieben, Frauen in Parteien, Gewerkschaften und Verbänden, von autonomen Frauengruppen vieles, z.B. für Lohngleichheit und Gleichbehandlung bei Einstellungen getan werden. Überhaupt ist ein eng geknüpftes Netz von Einrichtungen und Aktivitäten zur Erreichung der Gleichstellung von großer Wichtigkeit.
Marlies Kutsch: Der Gleichberechtigungssatz und seine Umsetzung in die soziale Wirklichkeit, in: Die Neue Gesellschaft 27(1980), 197-202, hier S. 200.

1989
»Mut zum Neubeginn« überschreibt die Gleichstellungsbeauftragte von Marzahn, Christine Rabe, die Darstellung ihrer Initiativen. »Als Gleichstellungsbeauftragte möchte ich Frauen dabei unterstützen, sich in den neuen Verhältnissen zu orientieren und ihre Kreativität auszuleben. […]«
Projekt »Gleichstellungsbeauftragte«. Die Arbeit von Frauen in den Verwaltungen hat ebenfalls Projektcharakter, in: MKF Mitteilungen aus der kulturwissenschaftlichen Forschung 32 (1989), S. 122-123, hier S. 123.

1990
Zur Verwirklichung des Grundrechts der Gleichstellung von Mann und Frau haben die Gemeinden mit eigener Verwaltung Gleichstellungsbeauftragte zu bestellen . Die Gleichstellungsbeauftragte ist in Gemeinden mit mehr als 10.000 Einwohnern hauptamtlich tätig
Gesetz über die Selbstverwaltung der Gemeinden und Landkreise der DDR, vom 17.5.1990, DDR Gesetzblatt I, 1990, S. 255.

2001
Ziel des Gesetzes ist es, 1. die Gleichstellung von Frauen und Männern zu verwirklichen, 2. bestehende Benachteiligungen auf Grund des Geschlechts, insbesondere Benachteiligungen von Frauen, zu beseitigen und künftige Benachteiligungen zu verhindern
Gesetz für die Gleichstellung von Frauen und Männern in der Bundesverwaltung und in den Unternehmen und Gerichten des Bundes, vom 30. November 2001, Bundesgesetzblatt I, 2001, S. 3234.

 

Literatur

Franz-Josef Heyen: Aufklärung, Gleichstellung, Reform und Selbstbesinnung. Das Verhältnis der Juden zu den christlichen Religionsgemeinschaften, Koblenz 1974.

Stephan Höyng: Die Verhinderung der beruflichen Gleichstellung. Männliche Verhaltensweisen und männerbündische Kultur, Bielefeld 1998.

Eva Blome, Alexandra Erfmeier, Nina Gülcher und Sandra Smykalla: Handbuch zur Gleichstellungspolitik an Hochschulen. Von der Frauenförderung zum Diversity Management? 2005, 2. Aufl. Wiesbaden 2014.

Lisa Erzinger und Tessa Hillermann: Gleichstellungsgesetze in Deutschland, in: Verwaltungsrundschau 12/2016, S. 403.