Diskriminierung oder Vorurteile gegenüber Menschen aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Klasse.

1842
it was not until multiplied acts of deception and ingratitude had been practised upon me, that I learned (if I have yet done so) to value mankind according to their real worth. I narrate the above as a specimen of the intercourse and confidence which existed among us at York. The same really contemptible feeling of class-ism, the curse of England and Englishmen, and of women also, existed in too great a degree amongst the witnesses. There were, “the broad cloth,” and “the narrow cloth” ones—the rich, and the poor; and the former seldom sought opportunities for intercommunication with the latter, but rather shunned them. This “pride that licks the dust,” for it is nothing else, has begot a counteraction as wrong as itself. It has filled the working classes with a fierce contempt and hatred of every one wearing a decent coat. This is being as mad as the other are mean. course of those who feel and spurn at this distinction, is, first of all to respect themselves; next to invite a respectful equality by unoffending manners; and thirdly, to assert their right position in society by withholding the smallest deference to mere assumption. This would be quite sufficient, without rudeness or noise, to restore the natural balance of society.
Samuel Bamford: Passages in the life of a Radical, Bd. 2, Heywood 1842, S. 89f.

1905
there is a form of ethics yet higher than partisanship. That is, under socialism, when all classes and parties are merged into the totality, the sacrifice of individual interests will then be for the benefit of the totality and not simply for a collectivity, consisting of one class or one party only. Not only that, but the individual sacrifice will lose its altruistic character and become a matter of self-interest. Extremes will meet. Collectivism and individualism will be merged into each other, as they never can be under classism. This is the gist of Marxism for us.
Marcus Hitch: The gist of Marxism, in: International Socialist Review 6 (1905), S. 202-203, hier S. 203.

1970
Those of us born into economic comfort have to become aware of the privileges we have grown up with, and the ways we have developed of seeing and dealing with reality. We have the feeling that our way is the “normal” way, while the truth is our lives have not been typical of anything except of the American, white, middle class. The point is not to become guilty-feeling, but to become conscious of our class origins and attitudes. Buried in the middle-class consciousness is racism, classism, and sexism. We have to change.
Ellen Maslow: Story book lives: growing up middle class, in: Up From Under 1 (No. 2, Aug./Sept. 1970), S. 42-44, hier S. 44.

1971
It seems to be the right time for people in this community to come together to work in task-forces directed toward personal and radical social change. One such way to combine personal growth groups with social change task-forces is to integrate the living with the working. The result has been called a collective of people questioning within them the o1d cultural imprints of racism, sexism, classism and casteism as they work to irradicate these from our formalized social processes (social institutions).
Anonymus: Collectives clearinghouse, in: Joint Issue 1971, [S. 12].

1998
Classism
can be defined as the systematic oppression of one group by another based on economic distinctions, or more accurately one’s position within the system of production and distribution.
Chuck Barone: Political economy of classism: towards a more integrated multilevel view, in: Review of Radical Political Economics 30 (1998), S. 1-30, hier S. 4f.

2009
Klassismus thematisiert die Geschichte und Gengenwartvon SklavInnen, DienstbotInnen, Handlungsgehilfen, TagelöhnerInnen, VagabundInnen, HandwerksgesellInnen, BettlerInnen, ArbeiterInnen, Arbeitslosen, Armen, Working Poor, HausarbeiterInnen, Illegalisierten und ähnlichen Klassenzugeöhrigen und deren Kindern als eine Realität von Verfolgung, Unterdrückung, Diskriminierung, Ausgrenzung und Widerstand. Klassismusanalysen hinterfragen die Stereotypisierungen und Herabsetzungen, die mit dem sozialpolitischen Status einhergehen und dadurch legitimiert werden. […]
Klassismus verbindet im Grundverständnis die alten Kritikformen der ArbeiterInnenbewegung an materiellem Elend und politischem Ausschluss mit der Kritik an der Nichtanerkennung und der Herabsetzung von Kulturen und Leben von ArbeiterInnen, Arbeitslosen und Armen. Die Überwindung von Diskriminierung muss dementsprechend auf allen Ebenen geschehen, weil dies sich wechselseitig bedingen. So sind der Nichtzugang zu Arbeit, die niedrige Entlohnung, unwürdige Arbeitsbedingungen und lange Arbeitszeiten Formen von Diskriminierung. Diese werden aber von den besitzenden und politisch herrschenden Klassen für richtig befunden. Denn es wird unterstellt, dass diejenigen, die diese Arbeiten verrichten, ihre Chancen, es anders zu machen und sich eine andere Arbeit zu suchen, nicht nutzen
Andreas Kemper und Heike Weinbach: Klassismus. Eine Einführung, Münster 2009, 3. Aufl. 2020, S. 13; 19.

2020
Klassismus ist eine Diskriminierungs-, Unterdrückungsform wie Rassismus oder Sexismus. Klassismus meint Diskriminierung aufgrund der sozialen Herkunft oder aufgrund der sozialen Position. Menschen, die obdachlos oder arbeitslos sind oder eine sogenannte niedrige soziale Herkunft haben, die müssen damit rechnen, klassistisch benachteiligt zu werden. Wobei Obdachlosigkeit an sich schon Klassismus ist, weil niemand in einem so reichen Land wie Deutschland wohnungslos sein müsste. Klassismus ist aber nicht nur Ausbeutung, sondern auch Macht, Gewalt. Gewalt in dem Sinne, dass Menschen, die von Klassismus betroffen sind, häufiger auch Gewalt ausgesetzt sind und ihnen auch Gewalt öfter „zugeschoben“ wird. […]
Wir haben etwa im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz keinen Punkt, der Klassismus anspricht. Wir haben einen Katalog von sechs verschiedenen Diskriminierungsformen. Soziale Herkunft, Armut spielen jedoch keine Rolle. […]
Bei den alten sozialen Bewegungen dominierte das Repräsentationsmodell. Sprich: Interessenvertretung über Repräsentation. […] Bei den neuen sozialen Bewegungen hätte der Alltag von Arbeiterkindern theoretisch eine Rolle gespielt, aber die hatten sich inhaltlich vom „Klassenkampf “ entfernt, und die Frage von sozialer Herkunft ist damit unter den Tisch gefallen. Die Klassenbezogenheit existierte im Denken und Handeln der alten sozialen Bewegungen, aber nicht bei den neuen sozialen Bewegungen. Dafür stand bei den neuen sozialen Bewegungen etwa die Frage von Alltagsdiskriminierung viel stärker im Mittelpunkt. Diese war bei den alten sozialen Bewegungen und den Arbeiterkindern eher kein Thema. Idealerweise müsste man also das Beste aus beiden Bewegungen zusammenbringen. Anders gesagt: Es ist die Aufgabe des Klassismuskonzepts, die Ökonomiefrage in diese Antidiskriminierungsfragen einzubringen.
Andreas Kemper: Gegen die Missachtung von Armut. Klassismus endlich ernst nehmen [Interview], in: Theorie und Praxis der sozialen Arbeit 71 (2020), S. 11-17, hier S. 11f.

2020
Klassismus
, classism, in Anlehnung an Begriffsbildungen wie Rassismus oder Sexismus gebildete Bezeichnung für Systeme von sozialen Unterdrückungen, die sich an Klassenzugehörigkeit und Klassenherkunft von Menschen orientieren und z.B. einen bestimmten Klassenhabitus diskriminieren (A. Meulenbelt 1984; C. Baron 2000).
Hanns Wienold: [Art.] Klassismus, in: Daniela Klimke et al. (Hg.): Lexikon zur Soziologie, 6. Aufl. Wiesbaden 2020, S. 389.

2021
Classism is differential treatment based on social class or perceived social class. Classism is the systematic oppression of subordinated class groups to advantage and strengthen the dominant class groups. It’s the systematic assignment of characteristics of worth and ability based on social class.
That includes: individual attitudes and behaviors; systems of policies and practices that are set up to benefit the upper classes at the expense of the lower classes, resulting in drastic income and wealth inequality; the rationale that supports these systems and this unequal valuing; and the culture that perpetuates them.
Classism is held in place by a system of beliefs and cultural attitudes that ranks people according to economic status, family lineage, job status, level of education, and other divisions.
Classism.org (18.6.2021).

 

Literatur

Anja Meulenbelt: Scheidelinien. Über Sexismus, Rassismus und Klassismus, Reinbek bei Hamburg 1988.

bell hooks: Where We Stand. Class Matters (2000), dt.  Die Bedeutung von Klasse. Warum die Verhältnisse nicht auf Rassismus und Sexismus zu reduzieren sind, Münster  2020.

Andreas Kemper und Heike Weinbach: Klassismus. Eine Einführung, Münster 2009, 2. Aufl. 2016.

Andreas Kemper: „Klassismus!“ heißt Angriff. Warum wir von Klassismus sprechen sollten ‒ und warum dies bisher nicht geschah, in: Kurswechsel 2015/4, S. 25-31.

Maria Prilutskaya: Rassismus, Klassismus, Klassenrassismus? Zum Verhältnis der rassistischen Diskriminierung und ökonomischen Ausgrenzung von Eingewanderten und Geflüchteten in Deutschland, Jena 2016.

Gerasimos Bekas: Klassismus. Diskriminierung aufgrund der sozialen Herkunft, Berlin 2017.

Stefanie Kunz: Dimensionen von Klassismus. Eine intersektionale, autoethnographische Perspektive auf strukturelle klassistische Diskriminierungen, Berlin 2017.

Francis Seeck: Solidarisch gegen Klassismus. Organisieren, intervenieren, umverteilen, Münster 2020.

Riccardo Altieri: Klassismus und Wissenschaft. Erfahrungsberichte und Bewältigungsstrategien, Marburg 2020.

Andreas Kemper: Gegen die Missachtung von Armut. Klassismus endlich ernst nehmen [Interview], in: Theorie und Praxis der sozialen Arbeit 71 (2020), S. 11-17.

Nelson D. Schwartz: The Velvet Rope Economy. How Inequality Became Big Business, New York 2020.